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SCHULE FÜR STÄDTISCHES HANDELN

Christian Hanussek

Kurzanleitung für Kartierungen des urbanen Raums

Warum kartieren?

Kartierung ist ein erprobtes Mittel, um städtische Orte genauer zu analysieren, die von politischem, sozialem oder medialem Interesse sind. Das können z.B. Orte sein, von denen sich Klischeebilder verfestigt haben.

Welche Werkzeuge werden benötigt?

1 Skizzenheft & 1 Bleistift.

Wie plane ich?

Die Kartierungen setzen sich aus übereinandergelegten Ebenen zusammen, die zunächst systematisch angelegt werden. Oft ist es für die Lesbarkeit und Transparenz besser, mehrere Kartierungen eines Ortes anzulegen, die jeweils unterschiedliche Ebenen und Perspektiven darstellen.

Wie anfangen? – Ebene 1

Die Kartierungen beginnen damit, dass die geografische Lage, die Dimensionen, Zugänge und Begrenzungen des Ortes skizziert werden. Danach werden die verschiedenen Oberflächen des Raums eingezeichnet: die Art der Gebäudefassaden, Straßen, Wege und Grünflächen mit der Art der Vegetation sowie die städtischen Möblierungen, also Bänke, Beleuchtung, Brunnen, Kunstwerke oder Denkmäler.

Tipp: Zoom & Perspektivwechsel

Da sich diese verschiedenen Elemente nicht in einer einzigen klassischen Karte darstellen lassen, sollten wechselnde Perspektiven eingenommen und in die Kartierungen eingearbeitet werden. Um Details genauer zu beschreiben, werden diese neben der Karte separat in größerem Maßstab dargestellt. Einzelne Elemente können auch durch in die Kartierung geschriebene Wörter oder Sätze erläutert werden. Das Einschreiben der subjektiven Empfindungen in die Karte beginnt bereits hier, auf der Ebene der materiellen Kartierung eines Ortes. Die Betrachtung des Ortes ist durch subjektive Eindrücke geprägt: Fassaden erhalten durch ihre Materialität und ihren Stil eine bestimmte Anmutung ebenso wie alle anderen Elemente, die den Raum bilden oder in ihm platziert sind.

Alle Sinne aktivieren – Ebene 2

Die zweite Kartierungsebene konzentriert sich auf die sinnliche Wahrnehmung des Ortes. Neben Datum und Uhrzeit wird die Wetterlage (Sonnenschein, Bewölkung, Regen, Wind, Hitze oder Kälte) eingetragen. Die Kartierung beschreibt, wie sich Sonne und Schatten verteilen und wie sich die Luft bewegt, als Luftzug, Windschatten oder die Stellen, an denen es zu Luftwirbeln kommt. Neben den Licht- und Luftqualitäten spielt die Akustik eine große Rolle für die Empfindung eines Ortes und daher müssen die verschiedenen Geräuschquellen und Geräuschpegel in der Kartierung dargestellt werden. Darüber hinaus werden an manchen Orten auch Geruchs- oder Geschmackssinne angesprochen und gegebenenfalls in die Kartierung aufgenommen.

Soziale Interaktionen festhalten – Ebene 3

Die dritte Kartierungsebene beschreibt, wo und wie sich Menschen an dem Ort aufhalten und bewegen: Zugänge, Durchgangszonen, Bewegungsachsen, Anlaufstellen, Treffpunkte und Ruhezonen. Welche Tätigkeiten lassen sich an dem Ort beobachten? Sind Teile des Platzes bewirtschaftet? Entspricht die Nutzung des Raums seiner gebauten Struktur oder lassen sich auch diese überschreitende oder dazu gegenläufige Raumnahmen beobachten? Welche Arten von Gruppen bilden sich?

Wo bin ich auf der Karte? – Ebene 4

Da die Kartierungen einen Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt weitgehend subjektiv beschreiben, sollte in einer vierten Ebene reflektiert werden, wie sich der/die Kartograf* in an dem Ort bewegt hat und welche Stimmungen oder Reaktionen der Ort und das Erleben vor Ort in ihm/ihr ausgelöst haben.

Verwerfen, verschieben, vertiefen – Kollektive Nachbereitung

In nachbereitenden Workshops ist das gemeinsame Erläutern und Diskutieren der subjektiven Kartierungen wichtig. Dabei werden Übereinstimmungen, Auslassungen, Ergänzungen und Unterschiede in den Darstellungsformen deutlich. Denn eine Kartierung bedeutet, dass die Teilnehmer*innen sich länger als gewöhnlich mit einem Ort beschäftigen und dabei auch Details skizzieren und notieren, die zunächst als unwichtig erscheinen. Im Laufe des Kartierungsprozesses und der gemeinsamen Diskussion der Ergebnisse kann sich der Fokus auf einzelne Elemente und die ihnen zugeschriebene Signifikanz mehrfach ändern. Das so gewonnene, neue Verständnis einer räumlichen Situation kann schließlich in Beziehung zu den Thesen und anderweitig erhobenen Daten zum untersuchten Ort gesetzt werden.