metroZones
SCHULE FÜR STÄDTISCHES HANDELN

GEMEIMGÜTER SIND NICHT EINFACH DA

Eine gemeinsame Lektüre von Textausschnitten verschiedener Autor*innen zum Thema Commons bildete die Diskussionsgrundlage eines Salons in der metroZones-Schule:

Brigitte Kratzwald: Urban Commons – Dissident Practices in Emancipating Spaces. In: Mary Dellenbaugh et al. (Hg.): Urban Commons. Moving beyond State and Market, Basel: Birkhäuser, 2015, S. 30

THEO: In dem Textausschnitt fragt Brigitte Kratzwald, ob diese ganze Commons-Diskussion nicht auch dem Neoliberalismus in die Hände arbeitet, da hier der Staat aus der Verantwortung entlassen wird. Denn Commons sind ja nicht einfach da, sondern die Frage ist: Wer stellt sie her? Commons beruhen immer auch auf ehrenamtlicher Arbeit. Wer produziert die Commons und wovon leben die Menschen, die Commons produzieren?

David Harvey: Rebellische Städte. Vom Recht auf Stadt zur urbanen Revolution. Berlin: Suhrkamp, 2013, S. 136

EFFI: Nach der Lektüre von David Harvey geht es um die Unterscheidung von öffentlichen Gütern und Commons als Gemeingütern. Öffentliche Güter werden von der politischen Souveränität zur Verfügung gestellt, während die Gemeingüter, die Commons, angeeignet werden, um zu solchen zu werden. Harveys Beispiele sind Plätze in Athen und Barcelona. Öffentliche Räume werden hier zu gemeinsamen Räumen durch die versammelten Menschen. Gemeingüter sind jene, die sich durch die Nicht-Knappheit auszeichnen und nicht der Logik der ausschließlichen Nutzung unterliegen.

STEPHAN: Öffentliche Güter wären nach Harvey dann solche Güter, die durch den Staat zur Verfügung gestellt werden, Commons hingegen sind nur möglich, wenn es eine Praxis des Sich-kollektiv-Aneignens gibt. Das ist etwas ganz anderes. Deshalb ist, wie Harvey es beschreibt, der Tahrirplatz zunächst mal ein öffentlicher Raum. Aber in dem Moment, in dem er besetzt und zu einem Ort der Aushandlung wird durch die Menschen, die ihn besetzen, ist er ein Common Space.

Stavros Stavrides: Common Space. The City as Commons, London: Zed Books, 2016, S. 260

KASIA: Was die Diskussion um die Commons ausmacht, ist, dass sie versucht, sich von dem Gegenstand zu lösen und eher den Prozess in den Vordergrund rückt, das »set of relationships«.

STEPHAN: Was sind am Tahrirplatz die Commons, der Platz?

EFFI: Es ist eher die Versammlung, das Versammeln, die Regeln des Miteinander-Auskommens schaffen.

FRANK: Dafür brauchst du das Recht des Versammelns, also einen öffentlichen Platz.

EFFI: Inwiefern sind öffentliche Räume die Voraussetzungen dafür, dass Gemeingut entstehen kann, dass sie also common Räume werden? Kann man durch Besetzungen auch zum Commoning kommen?

Dubravka Sekulić: Legal Hacking and Space. What can urban commons learn from software hackers? In: Dérive, Nr. 61, 2015, S. 14-18

STEPHAN: Und was haben die Commons für Grenzen? Die englische Dorfwiese, die Allmende, war allen Dorfbewohner*innen frei zugänglich, bevor es die ursprüngliche Akkumulation gab, im Sinne der Einzäunung und Privatisierung, was mit Marx der Beginn des Kapitalismus war. Aber wenn man sich nun eine Dorfwiese vorstellt, hat diese eine begrenzte Nutzung, wenn zu viele da sind, funktioniert das nicht mehr mit dem Gras. Die Frage ist, welche Regeln der Zugänglichkeit gibt es, der Ausgrenzung und wer definiert die? Commons sind womöglich mehr an Gemeinschaft gebunden und die kann nur existieren, wenn nach außen Grenzen gesetzt werden. Das ist einer der großen Widersprüche, die Ambivalenz des Begriffs.