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SCHULE FÜR STÄDTISCHES HANDELN

Andreas Unteidig

ALS PASSWORT GILT DIE KÖRPERLICHE ANWESENHEIT

Im Mittelpunkt unserer Zusammenarbeit mit der Nachbarschaftsakademie steht das Nachdenken darüber, wie wir mit Technologie navigieren, kommunizieren und wie wir damit Öffentlichkeiten generieren.

Ein Pionierprojekt ist der »Briefkasten« für eine Gruppe von Senior/*innen, als in Berlin die ganzen Online-Nachbarschaftsplattformen hochgepoppt sind und klar wurde, wie sehr diese digitalen Angebote potentiell ausgrenzend sind. Also haben wir darüber nachgedacht, wie man das übersetzen kann: In dem Briefkasten wurden analoge Texte digitalisiert und in digitale Plattformen eingespeist.

Bei der Arbeit mit der Nachbarschaftsakademie war von Anfang an klar, dass wir nicht daherkommen und sagen »Wir entwickeln jetzt mal Technologie für euch«, sondern dass es um die Frage ging, was für stadtpolitische Initiativen ein interessantes Tool sein könnte. In verschiedenen Workshops wurde gar nicht über Technologie, sondern über Prozesse und Erfahrungen des Lernens diskutiert. Was sich herausschälte: Was bräuchten wir, um den gesammelten Wissensschatz zu teilen? Denn es gibt zentrale Akteurinnen und Akteure der Akademie, bei denen sich das Wissen und die Kontakte bündeln, die wieder in die Community zurückgebracht werden sollten – also die Frage, wie sich individuelles Wissen und Lernen quasi »verallgemeingütern« – es gibt ja keine gute Übersetzung für Commoning – lässt.

Unser Ansatz ist, eine lokale Bibliothek von kondensierten Gesprächen anzulegen, also ein lebendes Archiv zur Dokumentation von Begegnungen, Gesprächen und Lernerfahrungen, aber auch ein Modus des Broadcasting und der Sichtbarmachung. Dazu wurde eine Interviewsituation entwickelt, mit einem festen Fragesatz, der in verschiedenen Kontexten von Akteur/*innen beantwortet wird. Diese Antworten werden aufgezeichnet – und zwar in komprimierter Form: also nachdem es ausführliche Interaktionen (Workshops, Vorträge, Diskussionen) mit der Person gegeben hat. Schließlich wird das entsprechend editiert, sodass entweder eine Person oder auch ein Thema gehört werden kann.

Graphic Recording: Britta Kussin

In dieses wachsende Archiv kann man sich über den lokalen MAZIServer, der als kleiner Kasten auf dem Tisch liegt, via Smartphone einloggen; als Passwort fungiert die körperliche Anwesenheit. Richtig los geht es in der Freiluftsaison im Frühsommer 2017. Später soll ein Toolkit zusammengestellt werden, mit dem sich jede Initiative ihr eigenes Netzwerk zusammenbauen kann. Die Software wird open source verfügbar sein, offen für Aneignungen und Veränderungen. Die technischen Voraussetzungen für einen solchen eigenen Webserver sind denkbar niedrig: Es braucht eine Batterie und einen Mikrocomputer mit WLAN-Router (Kostenpunkt 30 Euro); es geht aber auch mit Smartphone oder Laptop. Mit allem, was eine WLAN-Antenne hat, kann man nicht nur empfangen, sondern auch senden.

Die anstehenden Erweiterungen liegen schon jetzt auf der Hand:

  • die Möglichkeit, den Fragenkatalog durch neue Fragen zu erweitern
  • die Herstellung von Mehrsprachigkeit (bisher alles auf Englisch)
  • der Einbezug von visuellem und auch von Kartenmaterial
  • eine stärker interaktive Gestaltung, für Feedback, aber auch damit sich Besucher/*innen womöglich selbst interviewen können

Die größte Herausforderung stellt für uns die Frage dar, wie genuin analoge Situationen (Gruppendiskussionen, Gespräche mit Nachbar/*innen etc.) in solch ein digitales Format überführt werden können. Und: Wie lassen sich weltumspannende Verbindungen zwischen Offline-Netzwerken aufbauen? Das geht bislang ja nur über das Internet.